Wisst ihr womit mein
Pinterest-Board voll ist? Mit legeren Blazer-Looks. Sprich Blazer,
lockeres Shirt und Boyfriend / Usedlook-Jeans. Jetzt könnt ihr raten
was sich nicht in meinem Kleiderschrank befindet... Genau. Weder ein
Blazer, noch eine solche Hose.
Nach Blazern habe ich schon öfters
gesucht und bin nie fündig geworden. Mein Körperbau ist einfach
nicht für gemacht. Zu breiter Rücken, zu wenig Brust, zu lange
Spaghettiarme...
Beruflich muss ich zum Glück keine Blazer
tragen. Die meisten die mir bisher begegnet sind, sind
mir einfach zu formell. Mir schwebt da was deutliche legeres vor.
Fündig geworden bin ich letztendlich bei
by hand London mit dem Victoria Blazer.
Ich mag den kastigen Schnitt, die Taschen, das gerade Revers und ganz
besonders die Manschetten! Der Schnitt kommt in drei Versionen
daher. In kurz (bis ca. Taille), in lang (bis ca. Mitte Hüftknochen)
und als lange Weste.
Die kurze Version hatte ich schon
im Sommer zu meinem
Tanja-Kleid genäht. Daher barg der Schnitt keine
Überraschungen mehr. Aber da war das Jäckchen nur Beiwerk und ich
bin nicht groß drauf eingegangen. Das möchte ich heute, wenn ich
euch meine lange Version vorstelle, nachholen.
Der Schnitt war
mein erstes englisches Schnittmuster und ich hatte gehörig Respekt!
Mein englisch ist unterirdisch und näh-englisch nicht vorhanden. Und
dann noch ein Blazer... Aber die Angst war völlig unbegründet. Die
Arbeitsschritte sind mit technischen Zeichnungen gut bebildert. So
war es zu mindest letztes Jahr. Da gab es den Schnitt noch auf
Seidenpapier und wunderhübschen Booklet...Heute erhält man ihn
leider nur noch als PDF... An der Anleitung wird sich sicherlich
nicht so viel geändert haben...
Anfangs war ich sehr
irritiert über die beiden Vorderteile und konnte mir beim besten
Willen nicht vorstellen, wie sich das zusammenfügen soll. Aber
hinter dem sonderlichen Gebilde verbirgt sich nichts anders als ein
Abnäher...
Hier auf dem Foto kann man ihn gut erkennen.
An
die Vorderteile des Oberstoffes wird der Kragen angesetzt. In diesem
Fall nichts anderes als ein Rechteck, welches im Bruch gefaltet, an
den kurzen Seiten zugenäht wird. Also ziemlich simpel... Die
Anleitung sieht vor, von der Mitte aus zu arbeiten. Sprich mittig mit
dem Festnähen des Kragens zu beginnen und erst die eine Seite, dann
von der Mitte aus die andere Seite festzunähen. Das hat mir sehr gut
gefallen. Denn so kann man sicher gehen, dass der Stoff sich, sollte
er sich beim Nähen verziehen, in beide Richtungen verzieht und keine
Asymmetrie entsteht.
Da es sich bei meinem Oberstoff um Sweat handelt,
wäre es sicher geschehen...
Anschließend wird das Revers,
ebenfalls wieder ein Rechteck, angenäht. Die Nahtzugabe(die im Schnitt übrigens schon enthalten ist) des Revers
und des Kragens habe ich übrigens auf 5mm zurückgeschnitten, da 3
bzw. 4 Lagen Sweat doch zu sehr gebeult haben. Ganz glücklich bin
ich mit dem Ergebnis noch nicht. Die Nahtzugabe drückt sich immer
wieder in Richtung Futter. Händisches Fixieren sah doof aus.
Vielleicht nähe ich die Nahtzugabe einfach knappkantig ab, oder was
meint ihr?
Nachdem die Nahttaschen genäht und die Seitennaht
geschlossen wurde, folgen die Ärmel.
Die Ärmel sind im Schnitt
eigentlich in 3 / 4- Länge vorgesehen. Hier müsst ihr jedoch
aufpassen. Bei meiner kurzen Version waren die Ärmel knapp und haben
eher Armbeugenlänge als 3/ 4...
Bei meinem langen Victoria
Blazer wollte ich auch gerne lange Ärmel haben. Also so lange, dass
die Ärmel, wenn die Manschetten runtergeklappt sind als Langarm
durchgeht und wenn die Manschetten getragen werden wie vorgesehen,
dann irgendwas zwischen 7 / 8 und 3 /4 . Die richtige Ärmellänge
zu finden, war übrigens das schwierigste am gesamten
Blazer...
Bevor ich die Ärmel gekürzt habe, habe ich
übrigens noch die Schultern etwa 1,5cm nach innen versetzt. Bei der
langen Version sah der Blazer einfach zu groß aus. Bei der kurzen
Version hat es mich nicht gestört, obwohl ich die gleiche Größe
(10) genäht habe. Sicherlich auch weil das Velour-Lederimitat bei
weitem nicht so aufträgt wie der Sweat. Und da er leicht dehnbar
ist, muss ich hier auch keinen Komfort-Kompromiss eingehen...
Damit
der Komfort auch vollends erhalten bleibt, habe ich das Rückenteil
des Futters 2 cm vom Bruch weggeschoben und habe im oberen Bereich
ein paar Zentimeter abgenäht, so dass eine Kellerfalte entsteht.
Der Schnitt sieht beim Futter übrigens keine Ärmel vor. Das
fand ich allerdings doof und hab einfach welche aus rostroten
Seidentaft ergänzt. Nie wieder ohne Flutsche-Ärmel-Futter! Seitdem
ich das bei meinem Wind- & Wetter-Parka so ausgeführt habe, weiß
ich den Unterschied zwischen Flutsche-Ärmel oder nicht zu
schätzen...
Anschließend wird das Futter eingesetzt. Auch
hier wird wieder in der oberen Mitte am Kragen begonnen und dann
einmal rechts und einmal links runter genäht. Dann das selbe Spiel
für die untere Saumnaht und Wendeöffnung nicht vergessen.
Eigentlich ist keine Blende am unteren Saum vorgesehen. Da
ich aber bei meiner kurzen Version das Problem hatte, dass sich das
Futter immer rausschob und ich das Futter letztendlich mit Hexenstich
an die Nahtzugabe fixiert habe, habe ich diesmal den Oberstoff 3 cm
länger zugeschnitten. Das hat mir zwar wieder Probleme mit dem
Revers eingehandelt (zu lang/ zu kurz/ eingenäht etc.) aber
letztendlich habe ich auch hier die richtige Länge gefunden und von
innen sieht es schön sauber aus...
Zuletzt werden die Manschetten
angenäht. Da ich sie gerne klappen wollte, habe ich das
Manschetten-Schnittteil halbiert und in Ober- und Futterstoff
zugeschnitten. Diese werden dann mit französicher Naht an die Ärmel
genäht.
Ich liebe diese Manschetten. Habe ich das schon
erwähnt? Nichts gegen hochgekrempelte Ärmel, das sieht auch gut
aus, und werde ich sicherlich auch mal machen wenn das rostrote
Ärmelfutter zu meinem Oberteil passt, aber diese
Manschetten...
Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit meinem
Victoria Blazer und habe ihn seit seiner Entstehung täglich
ausgeführt (sofern das Wetter mitgespielt hat). Er lässt sich toll
kombinieren, ist recht zurückhaltend und durch die Sprenkelung des
Sweats nicht langweilig. Allgemein finde ich den Oberstoff toll.
Diese gelben und roten Sprenkel geben den Blazer eine Tweed-Anmutung.
Und auch der feingestreifte navy-weiße Futterstoff (den ich
uuuunbedingt dazu haben wollte und nachdem ich mich dumm und dusselig
gesucht habe) hat was klassisches an sich. Aber ich finde, durch den
kastigen Schnitt, die Länge und den gerade Revers hat es mit
klassichen Büroblazer nichts gemein... Oder?
Bevor es nun weitergeht mit der Girlfriends noch die Übersicht meiner Garderobe...
Verlinkt mit
MeMadeMittwoch,
#ichnähemirmeineminigaredrobe2017,
Schnitt:
Victoria Blazer ,
by hand London
Stoff:
Cosy Sweat in navy über
Kleewald Stoffe, navy-weiße Baumwolle über
Delta Fabrics, Seidentaft terracotta über
activstoffe